Kapitel 5

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Was ist das eigentlich? Kalorien?

Die Frage müsste anders heißen: "Was ist das eigentlich, Energie?", denn der Physiker und Chemiker August Wilhelm von Hofmann hat die Kalorie im 18. Jahrhundert als Einheit für die Energiemenge eingeführt. In Kalorien misst man also die Menge an Energie.

Glücklicherweise ist die Kalorie wirklich praktisch gewählt. Man kann sich gut vorstellen, wie viel eine Kalorie ist, denn eine Kalorie ist genau die Energiemenge, die man braucht um 1 g Wasser um 1 °C zu erwärmen. Kling harmlos?

Denkst du nur! Bei Nahrungsmitteln werden nämlich nicht Kalorien angegeben, sondern Kilokalorien (1 Kilokalorie = 1000 Kalorien). Das geht wirklich durcheinander und Google liefert oft Treffer mit Kalorien, auch wenn es in Wirklichkeit Kilokalorien sind. Die Erdnuss, die hier vor mir liegt, während ich diesen Satz schreibe hat 7 Kilokalorien, also 7000 Kalorien. Sie würde also ausreichen um 1 g Wasser um 7000 °C zu erwärmen, das geht natürlich nicht. Anders gerechnet würde einzelne Erdnuss ausreichen um 1 kg Wasser (das ist ungefähr 1 Liter) immerhin um 7 °C zu erwärmen. Das ist schon was, oder?

Ganz schnell noch: Wie viel Erdnüsse müsste man verbrennen um eine Badewanne voll Wasser auf Temperatur zu bringen? Sagen wir von 15 °C auf 40 °C? Eine Erwärmung um 25 °C für, sagen wir, 150 kg Wasser, macht 3750 kcal. Das wäre so ungefähr der Tagesbedarf eines hart arbeitenden männlichen 30 jährigen Bauarbeiters mit 185 m Größe und 85 kg Gewicht oder in meinen Erdnüssen ausgedrückt: 536 Stück oder ungefähr 625 g.

Kommt dir das wenig vor? Dann vielleicht, weil du noch kein richtiges Gefühl für Energiemengen hast. Um deine Heimsauna auf 100 °C hochzuheizen wären zum Beispiel bloß etwa 25 g Erdnüsse nötig.

Das Verbrennen ist übrigens auch die Methode, wie die Brennwerte von Nahrungsmitteln ermittelt wurden. Das Wort Brennwert sagt es ja schon: Das Nahrungsmittel wird verbrannt. Damit, anders als bei einem normalen Feuer, die Wärme nicht verloren geht wird das Nahrungsmittel für die Verbrennung zusammen mit Sauerstoff in einem Behälter eingeschlossen. Wenn Du darüber mehr wissen möchtest, recherchiere nach Wilbur Olin Atwater, dem Pionier der Brennwertbestimmung oder nach Bombenkalorimeter, so heißt das Messgerät.

Daumenmaß mal Pi findet man so etwa die folgenden Brennwerte für die Makronährstoffe Fett, Kohlenhydrat und Eiweiß.

Eiweiß 400 kcal/100g
Kohlenhydrate 400 kcal/100g
Fett 900 kcal/100g

Falls du dich wunderst, warum die Werte so grob sind und warum die Werte für Eiweiß und Kohlenhydrate gleich sind: Es sind eben nur ungefähre Werte. Wenn du das Thema vertiefen würdest, zum Beispiel mit der Arbeit von Annabel Merrill und Bernice Watt (Annabel Merrill; Bernice Watt (1973). Energy Values of Food ... basis and derivation (PDF). United States Department of Agriculture.) würdest du sehen, dass die Werte so genau, wie die meisten Menschen das denken, überhaupt nicht sind, weil sie von unermesslich vielen Faktoren abhängen. Menschen sind eben doch keine Bombenkalorimeter und man kann unmöglich mit jedem Käsekuchen groß angelegte physiologische Studien durchführen.

Soviel zu Kilokalorien. Wir sollten noch etwas über das Wort Energie nachdenken.

Was ist das also, Energie?

Energie ist die Fähigkeit etwas zu "machen" (zu erzeugen, zu bewegen). Ein Physiker würde vielleicht etwas in der Art sagen, wie "Energie ist die Fähigkeit eines Systems Arbeit zu verrichten". Ein Lebewesen, das keine Energie mehr hat, ist tot. "Woher Energie bekommen?" und "Was damit machen?" sind zwei zentrale Fragen für alle Lebewesen, auch für Säugetiere wie dich.

Physiker wissen, dass Energie weder erzeugt noch vernichtet werden kann, das ist eine universell gültige und für Gewichtsveränderung sehr wichtige Erkenntnis, die man auch als Energieerhaltungssatz bezeichnet. Das ist eines der absoluten Grundgesetze der Physik.

In dieser Abbildung siehst du mal den Fluss der Energie durch den menschlichen Körper.


Wenn man Energie nicht erzeugen kann, wo kommt sie dann her? Für die Natur auf der Erde kann man sagen, dass Energie von der Sonne kommt, von da an wechselt sie nur von einer Erscheinungsform in andere Erscheinungsformen, bis sie am Ende als Wärme in der Umgebung verschwindet.

Aber noch mal: Energie kann nicht vernichtet werden, sie muss immer irgendwo hin. Das ist ein physikalisches Grundgesetz und gilt immer und ohne Ausnahme. Das gilt auch für Dich. Die aufgenommene chemische Energie (Erscheinungsform) in der Nahrung wird in andere geeignetere chemische Energie und Wärme umgewandelt. Die so erzeugte chemische Energie liegt so vor, dass der Körper sie für seine vielfältigen Prozesse effektiv nutzen kann, sie steckt hauptsächlich in den Stoffen Glucose, ATP, Glykogen, Kreatinphosphat und Fett und ein kleiner Teil, den der Körper nicht verwerten kann wird ungenutzt wieder ausgeschieden.

Das ist wichtig: Die Energie, die in den Körper oben reingesteckt wird, bleibt entweder drin (Speicher-Fett) oder wird für irgendwas benutzt (siehe Tabelle) oder kommt unten wieder raus.

Mit der chemischen Energie, die in Glucose, ATP, Glykogen, Kreatinphosphat und Fett im Körper gespeichert ist, macht der Körper allerhand sinnvolle und wichtige Dinge:

Verwendung Geschätzter Anteil an der aufgenommenen Energie
Gehirn 20%
Atmung 10-15%
Herz und Kreislaufsystem 5-10%
Thermoregulation (Aufrechterhalten der Körpertemperatur) 5-10%
Verdauung und Stoffwechsel 10%
Zellwachstum und -reparatur 5-10%
Immunantwort und Entgiftung 1-3%
Fortpflanzungssystem 1-3%
Hormonsystem (endokrines System) 1-3%
Muskulatur und Bewegung 20-30%
Haut, Haare und Nägel 1-3%
Ungenutzt wieder ausgeschieden  3-5%

Wenn du die Zahlen siehst, denkst du vielleicht, dass intensives Nachdenken auch eine Aktivität zum Abnehmen sein kann. Nachdenken hilft definitiv, erhöht aber leider kaum den Energiebedarf. Die Ansatzpunkte für eine Verringerung des Körpergewichtes sind:

Thermoregulation (Aufrechterhalten der Körpertemperatur) 5-10%
Verdauung und Stoffwechsel 10%
Muskulatur und Bewegung 20-30%
Ungenutzt wieder ausgeschieden 3-5%

Aber vorab sollten wir noch einen Blick auf einen der Stoffe werfen, in denen der Körper chemische Energie speichert: Fett, oder Triglyceride, wie der Fachmann sagt. Anders als zum Beispiel ATP, das zwar in großen Mengen hergestellt wird, aber auch direkt wieder umgesetzt wird und deswegen schon nach wenigen Minuten komplett weg wäre, kann Fett in speziellen Fettzellen für schlechte Zeiten gespeichert werden. Eine Fähigkeit, die schon vor Millionen von Jahren von der Natur entwickelt wurde und die uns heute leider nicht nur nützlich, sondern aufgrund der beliebigen Verfügbarkeit sehr energiereicher Nahrung, auch sehr schädlich ist.

Wobei ich das gleich klarstellen möchte: Fett ist lebenswichtig und Fettreserven gehören zwingend zu einem leistungsfähigen und gesunden Menschen dazu! In der richtigen Menge an den richtigen Orten.

Hier noch mal das ganze als Bild.

[Bild]

Eine wichtige Erkenntnis noch mal aufgeschrieben, falls sie nicht offensichtlich ist:

 Wenn die zugeführte Energiemenge geringer ist, als die im Körper verwendete oder ausgeschiedene muss Reservefett aufgelöst werden.

Im Fitnessbereich nennt man es Kaloriendefizit, wenn man weniger isst, als man verbraucht und ausscheidet. Mit dem Wort kann man den Satz noch mal neu formulieren:

 Im Kaloriendefizit nimmt die Fettmasse ab. 

Das ist kein Fitnessgesetz oder medizinischer Rat. Das ist eine Formulierung des physikalischen Grundgesetzes, über das wir gerade gesprochen haben. Es gilt immer und ohne Ausnahme. Natürlich heißt abnehmende Fettmasse nicht zwingend, dass auch sofort das Gesamtgewicht sinkt. Würdest Du 2 kg unverdauliche Ballaststoffe, die keinerlei Energie enthalten essen, würdest du natürlich zunehmen, solange die Ballaststoffe in dir drin sind, obwohl die Fettmasse abnimmt. Erst, wenn die Ballaststoffe wieder ausgeschieden sind wird dein Gesamtgewicht niedriger sein. Egal.

Der Fluss der Energie durch den Körper

Wir haben uns schon gründlich angeschaut, wofür der Körper die Energie, die kcal, verwendet, wir sollten uns das jetzt noch mal etwas genauer anschauen, um zu sehen, wo wir diese Erkenntnisse für die Bemühung um einen gesünderen Körper anwenden können. Diese Abbildung zeigt noch mal den Fluss der Energie durch den menschlichen Körper.

Energiefluss Körper.png

Keine Sorge, sieht komplizierter aus, als es ist. Wir gehen das Stufe für Stufe durch.

Schritt 1: Verwertbare Energie

Nicht die gesamte Energie, die oben in den Körper hineingebracht wird, kann auch vom Körper verwertet werden.

Energiefluss Körper Level 1.png


Das hat verschiedene Gründe, zum Beispiel haben die Zellen von Nüssen eine sehr harte unverdauliche Zellwand, weswegen ein Teil der Energie in Nüssen unverdaut wieder ausgeschieden wird. Du weißt sicherlich, dass Furze brennbar sind, das bedeutet auch, dass sie Energie enthalten, die kommt irgendwo her und steht eben ganz sicher nicht für den Energiehaushalt des Körpers zur Verfügung.

Eine ballaststoffreiche Ernährung sorgt dafür, dass ein größerer Anteil der Energie in der Nahrung nicht verwendet werden kann.

Schritt 2: Umsetzbare Energie

Von der Verwertbaren Energie steht wiederum nur ein Teil für den Stoffwechsel zur Verfügung.


Energiefluss Körper Level 2.png


Ein kleiner Teil der Energie wird nicht genutzt, sondern die Stoffe, in denen die Energie steckt, werden vom Körper für andere Aufgaben als die Energieerzeugung genutzt. Zum Beispiel liegt es an der Funktion der Chemie im Körper, dass bei der Nutzung von Eiweiß Harnstoff entsteht, der Harnstoff enthält Energie, wird aber nicht weiter abgebaut, sondern ungenutzt mit dem Urin ausgeschieden. Das ist auch ganz gut so, denn eine wichtige Eigenschaft von Harnstoff ist Eiweiß in löslicher Form zu halten, ohne den hohen Harnstoffgehalt im Urin, würden andere ausgeschiedene Eiweiße ausflocken. Ungenutzt bleiben Eiweißbausteine, die zum Aufbau von Haaren und Haut verwendet werden.

Einen wirklichen Weg zu einem gesünderen Körper gibt es an dieser Stelle kaum. Natürlich fördert eiweißreiche Ernährung das Wachstum von Haaren und Nägeln und eine gesunde Ernährung, besonders mit Vitaminen A, B, C, D, E, Eisen, Zink ist dafür ebenfalls wichtig und hilfreich, aber in der Energiebilanz spielt die Energie, die dadurch verloren geht eine sehr geringe Rolle. Dennoch:

Eine gesunde, vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung hilft bei gesundem Wachstum von Haut- und Haaren. Das ist zwar nicht wichtig für den Energieverbrauch, gehört aber trotzdem zur Entwicklung eines gesünderen Körpers.

Schritt 3: Netto umsetzbare Energie

Von der Energie die jetzt noch für den Stoffwechsel übrig ist, steht wiederum nur ein Teil wirklich zur Verfügung. Diesen Teil nennt man Netto-Umsetzbare Energie.


Energiefluss Körper Level 3.png


Ist dir schonmal aufgefallen, dass bei chemischen Reaktionen oft Wärme entsteht, oder manchmal auch aufgenommen wird? Die Verbrennung von Kohle ist ein gutes Beispiel, dabei entsteht sehr viel Hitze. Es ist die zentrale Herausforderung des Körpers die Energie, die im Essen steckt zu gewinnen, ohne dass dabei nur Wärme frei wird. Denn Energie, die bei einer chemischen Reaktion als Wärme frei wird, ist für den Körper verloren und kann nicht für die vielfältigen Stoffwechselvorgänge eingesetzt werden. Zusammen mit einem anderen, ähnlichen, Effekt, nennt man das den Thermischen Effekt. Dieser ist dafür verantwortlich, dass ein erheblicher Teil der Energie in der Nahrung ungenutzt verpufft. Für Eiweiße ist dieser Effekt am größten, da sie sehr aufwändig in mehrstufigen chemischen Reaktionen verarbeitet werden. Bei Eiweiß gehen bis zu 30 % der Energie unnutzbar als Wärme verloren.

Thermischer Effekt der Makronährstoffe
Eiweiß 20 - 30 %
Kohlenhydrate 5 - 10 %
Fett 0 - 3 %
Eine möglichst eiweißreiche, fettarme Ernährung sorgt dafür, dass nur ein geringerer Teil der zugeführten Energie für den Körper zur Verfügung steht.

Schritt 4: Netto-Erhaltungsenergie

Die Energie, die dem Körper zur Verfügung steht, kann zu einem Teil auch verwendet werden, um die Körpertemperatur zu erhöhen.


Energiefluss Körper Level 4.png


Das kennst Du vom Fieber, es gibt aber auch Lebensmittel, die zu einer geringen Erhöhung der Körpertemperatur führen und so einen zusätzlichen Energieaufwand bedeuten. Beispiele sind Capsaicin, also scharfe Chili etc, Pfeffer, Koffein, also Tee und Kaffee, Ingwer.

Der Verzehr bestimmter Lebensmittel kann zu einem geringen Anstieg der Körpertemperatur und damit zu einer leicht erhöhten Körpertemperatur führen.

Schritt 5: Netto-Erhaltungsenergie

Energiefluss Körper Level 5.png

Schritt 6: Anlegen oder auflösen von Fettreserven

Energiefluss Körper Level 6.png

Apropos Abnehmen oder Zunehmen

Du hast in dem Bild vom Menschen gesehen, dass Energie hinein- und herausfließt, wenn Zufluss und Abfluss gleich groß sind wird sich auch das Körpergewicht nicht ändern, zumindest nicht durch die Einlagerung von Fett. Das nennt man Homöostase. Homöostase ist die wichtige Fähigkeit von Organismen Körpereigenschaften konstant zu halten, indem sie steuernd eingreifen.

Es gibt viele dieser Körpereigenschaften, die dein Körper versucht zu steuern um sie konstant zu halten. Hier ein paar Beispiele, die ein bisschen mit unserem Thema zu tun haben (es gibt noch viel mehr):

Körpertemperatur

Dein Körper versucht die Körpertemperatur konstant zu halten, größere Veränderungen der Körpertemperatur können lebensbedrohlich sein, weil die ganze Chemie deines Körpers auf die normale Temperatur abgestimmt ist. Um das zu erreichen kann der Körper zum Beispiel schwitzen (senkt die Temperatur), Blutgefäße in der Haut erweitern (kühlt) oder verengen (erwärmt). Jede Umwandlung von Energie von einer Erscheinungsform in eine andere erzeugt Wärme, das heißt die Körpertemperatur würde zum Beispiel auch durch Bewegung steigen, bei der ja chemische Energie durch den Muskel in Bewegungs- und Lageenergie umgewandelt wird. Tatsächlich geht dabei sogar der größere Teil der Energie unnutzbar als Wärme verloren. Wegen der Homöostase schwitzt du dann um diese Wärme loszuwerden.

Blutzuckerspiegel

Wie kommt Energie zum Muskel? Der Muskel verbraucht Glucose zur Energiegewinnung aus dem Blut. Dadurch sinkt die Menge an Glucose im Blut, was der Körper ausgleicht, indem die Leber Glucose an das Blut abgibt. Im Normalbetrieb so etwa um die 3 mg pro Stunde und pro kg Körpergewicht. Wie macht sie das?

  1. Die Leber speichert Glucose in Form von Glykogen. Wenn die Leber Glucose liefern muss, wandelt sie dieses Glykogen in Glucose um und gibt sie an das Blut ab.
  2. Die Leber kann Glucose herstellen! Sie wandelt dazu Aminosäure, Lactat und Fettsäuren in Glucose um. Verrückter Skill!

Die Steuerung dieses Vorgangs ist sehr kompliziert, wir besprechen das an anderer Stelle. Hier nur soviel: Die zentrale Rolle bei der Steuerung spielen Insulin und Glucagon.

Elektrolythaushalt

Wasserhaushalt